Eine Reise in die UDSSR – der Grutas Park
€10 per person
Eine Reise in die UDSSR – der Grutas Park
Keine 6 km vor Druskininkai im Süden Litauens sind im Grutas Park zahllose Zeugnisse der Sowjetzeit ausgestellt. Ob Stalin, Lenin, eine Schiffsschaukel oder Waffen der roten Armee, alles ist da.
Eine Reise in die UDSSR – der Grutas Park
Ich war den ganzen Tag auf meiner Wohnmobiltour durchs Baltikum unterwegs und besuchte erst den wunderschönen Sonnenweg und dann das kleine Städtchen Druskininkai im Süden von Litauen. Am Nachmittag möchte ich noch den bekannten Grutas Park besuchen, in dem zahllose Zeugnisse der Sowjetzeit ausgestellt sind.
Parkplatz auch zum Campen
Ich erreiche den gut gefüllten Parkplatz. Der Park ist kein Geheimtipp, sondern ein Standardbesuch auf einer Baltikum-Reise. Auf dem Parkplatz darf man auch eine Nacht stehen bleiben, muss dafür aber genauso 10€ bezahlen wie für den Eintritt. Dieser wächst übrigens jährlich um 2 €, mein Preis von 10 € gilt 2021.
Die Geschichte hinter dem Park
Laut offizieller Website wurden nach dem Verfall der UDSSR viele Denkmäler abgebaut und kamen in nicht geeignete Lager, wo sie verfielen. Eine öffentliche Einrichtung namens „Hesonos Klubas“ nahm sich derer an und sammelte sie in dem Ausstellungsgelände.
Inoffiziell habe ich jedoch im Internet gelesen, dass die ganze Anlage einem litauischen Millionären gehört, der sich seine Sammelleidenschaft per Eintritt gut bezahlen lässt. Ob das stimmt, weiß ich nicht, da mit der ganze Besuch aber ziemlich ratlos und irritiert hinterlässt, passt die Geschichte ganz gut dazu.
Zuerst zu den Tieren
Gleich nachdem man einer reichlich unfreundlichen Kassiererin die 10 € in die Hand gedrückt hat, steht man schon zwischen einer Menge Tiergehegen. Denn der Park beherbergt außer den Skulpturen noch eine Vielzahl an Tieren vom Känguru zum Bären und von der Eule zum Schimpansen. Alle in viel zu kleinen (wirklich zu kleinen) Gehegen, die lieblos angelegt sind. Traurig! Nachdem ich die ersten Gehege passiert habe, stehe ich am großen Platz und bin überfordert.
Der zentrale Platz des Grutas Park
Auf dem großen Platz herrscht ein riesiges Durcheinander. Links steht ein kleines Restaurant und dahinter ein Souvenirgeschäft. Rechts steht eine große Bühne mit großen Lautsprechern aus denen russische Volksmusik trällert. Dahinter stehen einige Vogelkäfige aus denen ganze Horden an Federvieh panisch kreischt. Auf dem Platz stehen große rostige Spielgeräten, wie von einem Jahrmarkt, ein Karussell, Schaukeln, Wippe in buntem Durcheinander mit Kriegsgerät der UDSSR, vom Mörser bis zur Gulaschkanone. Passend dazu stehen dahinter einige Bronzestatuen von 5 m Höhe, die fast böse grinsend auf mein panisches Gesicht herabschauen. Zu allem Überfluss steht ein älteres Paar auf der Schiffsschaukel und benimmt sich nicht altersentsprechend. Ich überlege umzudrehen…
Die beiden Rundwege
Ich drehe nicht um, warum nur nicht? Ich weiß es bis heute nicht. Wahrscheinlich wegen den 10 €, als guter Schwabe quäle ich mich dem Preis entsprechend einmal durch den ganzen Grutas Park. Also mache ich mich an dem erbärmlich kleinen Affenkäfig vorbei zum Museum (das ich mir dann doch spare) und komme auf den ersten Rundweg. Am kleinen Kanal vorbei geht es auf standesgemäßen UDSSR-Betonplatten durch den Wald. Alle paar Meter steht ein Stalin, ein Lenin, ein glückselig waffenstarrender Soldat oder irgendein berühmt-bekannter General der litauischen rote-Armee-Brigade. Alle hundert Meter wartet ein original Grenzwachturm auf mich und lässt die von vorhin bekannte Musik ertönen. Nach der zweiten Tour erreiche ich wieder den zentralen Platz.
Flucht!
Ich kann mich gerade noch halten weder den original Kaffeeautomaten aus der UDSSR-Zeit noch den neumodisch blinkenden Flipper aus China zu bedienen und kaufe überraschenderweise auch kein Souvenir. Wobei mir die dicke Wollmütze mit rotem Stern darauf sicherlich glänzend gestanden hätte. Statt dessen spaziere ich fluchtartig zum Ausgang, umschiffe die weiterhin unfreundliche Kassiererin und stehe vor dem Grotas Park. Neben einer Wand voller lobsingender Zeitungsberichte über den Park wartet dort eine Dampflokomotive mitsamt Holzwaggon auf mich. Angeblich wurden damit Gefangene aus Litauen nach Sibirien verfrachtet. Ich weiß es nicht. Immerhin ist in der Lokomotive noch ein Geocaches versteckt und etwas versöhnt trete ich den Rückweg an.
Der Grund meiner Verwirrung?
Für mich war der Grutas Park einfach zu viel. Und zu wenig. Nichts richtiges und nicht falsches. Irgendwie gar nichts. Ich denke, es ist wichtig, die Geschichte der UDSSR und Litauens aufzuarbeiten und nicht wegzusperren. So viel Leid ist in dieser Zeit geschehen und das muss aufgearbeitet werden. Das könnte hier passieren, es passiert aber nicht, denn die Texte bei den Statuen bleiben oberflächlich und nirgendwo wird es kritisch. Statt dessen habe ich den Eindruck, dass hier allen, denen ein starker russischer Fürst fehlt, eine Bühne gegeben wird.
Die Tiere leben in furchtbaren Gehegen und passen so gar nicht zum sonstigen Thema des Parks. Und am schlimmsten war für mich das Durcheinander an tödlichen Waffen und Spielplatz auf dem zentralen Platz. Eine Panzerhaubitze neben eine Schiffsschaukel ist für mich ein fatales Signal. Da passt was nicht.
Daher – wer sich überlegt, den Grutas Park zu besuchen – jetzt wisst ihr, was euch erwartet. Oder ihr macht lieber eine wunderschöne Fahrradtour durch den Wald von Druskininkai.
Weiterfahrt
Für mich wird die Wohnmobiltour durchs Baltikum in Richtung der Burg Trakai weitergehen. Zuvor freue ich mich aber über eine kleine Wanderung auf dem Wanderweg „Zaliasis takas“ bei Aikstadvaris. Auf gehts!
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